Was genau sind ‚ärztliche Leistungen‘?
Viele Menschen warten sehr lange auf einen Termin beim Arzt. Daraus könnte man mehrere Rückschlüssen ziehen:
- Es gibt zu viele Patienten
- Es gibt zu wenige Ärzte
- Ärzte haben zu viele Aufgaben
Es könnte also an mehreren Stellschrauben gedreht werden, um dieses Thema anzugehen. Dazu muss aber in allen Fällen definiert werden, was unbedingt ‚ärztliche Leistungen‘ sein müssen. Hier rede ich ausschließlich von Leistungen in der Praxis. Die Notfallversorgung nimmt in jedem Falle eine Sonderstellung ein. Hier haben Menschen, die ein Medizinstudium erfolgreich durchlaufen haben, eine absolute Monopolstellung. Welche Angebote aber können von anderen qualifizierten Gesundheitsversorgern übernommen werden?
Ich möchte mich hier nicht in Details verlieren… Aber ich denke, dass jeder Mensch mit einem akuten oder subakuten gesundheitlichen Leiden eine Ärztin konsultieren sollte. Dies dient besonders dem Ausschluss eines oder mehrerer bösartiger oder schnell fortschreitender pathologischer Prozesse. Speziell Trauma, Infektion, Tumor. Hier initial die richtigen Sachritte einzuleiten ist von entscheidender Bedeutung für den Heilungsverlauf. Ebenso sollte bei dieser Konsultation die Richtung der nun folgenden therapeutischen Maßnahmen besprochen werden.
Auch die Kontrolle der Wirksamkeit der angeratenen Leistungen, ist durchaus in einer Arztpraxis sinnvoll angesiedelt. Kooperation zwischen allen Gesundheitsversorgern wird immer die Versorgung der Menschen verbessern.
Chronische Symptome
Aus diversen Nachbarländern wissen wir, dass es Sinn macht, einige vormals ärztliche Leistungen in die qualifizierten Hände anderer Gesundheitsberufe zu geben.
- Chiropractoren
- Physiotherapeuten
- Apotheker
- Spezialisierte Pfleger und Schwestern für chronische Symptome
- Diabetes
- Blutdruck
- Depressionen
In Deutschland führt dieses Thema immer wieder zu einem Aufschrei seitens einiger Mediziner/innen. Wie in dem unten stehenden Beispiel:
„Wenn man aber keine Ahnung von den Erkrankungen der Patienten hat, dann kann man die Arzneimitteltherapie schon mal gar nicht beurteilen. Wissen Sie, wenn ich noch niemals in meinem Leben einen Automotor auseinandergebaut habe, dann kann ich auch nicht wissen, ob die Werkzeuge, die hier auf dem Tisch liegen, dafür die geeigneten sind. Schauen Sie doch mal in das Curriculum rein, was ein angehender Pharmazeut an der Uni so lernt. Und dann frage ich mich allen Ernstes: Würden Sie sich von so jemandem ein hochwirksames, unter Umständen auch nebenwirkungsreiches Arzneimittel verordnen lassen? Würden sie das nehmen? Also ich kenne keinen Menschen, der halbwegs bei Verstand ist, der das machen würde.“Frank Dastych, Arzt und Vorstandschef der Kassenärztlichen Vereinigung Hessen
Ich finde eine solche Antwort im Wortlaut und auch in der Andeutung beschämend. Und Herr Dastych verkennt völlig um was es hier geht. Niemand fordert, dass Pharmazeuten eine medikamentöse Therapie einleiten oder managen. Es soll lediglich die Möglichkeit bestehen, dass die gefährliche und unabsichtliche Polypharmazie eingedämmt wird. Im Sinne der Gesundheit der Patientinnen.
Jede, die das Beste für ihre Patienten möchte, sollte froh sein, wenn Experten aus verschiedenen Fachrichtungen den Fall beurteilen. Die letztendliche Entscheidungshoheit über die gesamte Therapie soll weiterhin beim Patienten in Konsultation mit seinem Arzt liegen. Das steht überhaupt nicht zur Debatte.
Die Qualität der Gesundheitsversorgung in Deutschland in Frage zu stellen nur weil nicht jedes Dauerrezept für ein Blutdruckmittel von einem Arzt abgesegnet wurde? Absurd…
Ich kann die Aufregung verstehen wenn es um die Bezahlung der Leistung geht. Hier haben die Apotheker Verbände offensichtlich gut verhandelt. Denn €90 für eine Beratung bezahlt zu bekommen die in der GOÄ deutlich geringer vergütet wird, ist eine erstaunliche Entscheidung…
Ob Apotheker, die ja unzweifelhaft am Verkauf von rezeptfreien und rezeptpflichtigen Medikamenten verdienen wirklich die richtigen sind, um diese Beratung vorzunehmen, bleibt zweifelhaft. Ich denke hier könnten die Patientenverbände und auch von Apotheken unabhängige Pharmazeuten und Studierende in den Abschlussjahrgängen des Pharmakologie Studiums sehr gute Dienste leisten.
Letztlich denke ich, dass ein solcher Streit in wenigen Jahren vollkommen obsolet sein wird. Im Bereich der Wirkung, Herstellung, Forschung, Wechsel- und Nebenwirkung der Pharmakologie wird Technologie zu extrem schnellen Veränderungen führen. Lernende Algorithmen sind perfekt geeignet um einen Medikamenten Plan zu überprüfen und Möglichste viele Wechselwirkungen auszuschließen.